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Kreatives Motorgeheul – (fas)

Zwei neue PS-strotzende Magazine sind auf dem Markt: „Ramp“ und „Ladies Drive“. Die beiden habe ich für die Medienseite der F.A.S. (30.3.08) mal genauer angeschaut:

Goldenes Lenkrad
Zwei neue Automagazine wollen Luxusleser erreichen

von Anne Haeming

„Bei 4,3 Sekunden auf Hundert / wäre jeder / Sekundenschlaf / tödlich“, knallt in Versmaß unter dem Foto eines apfeleisfarbenen Geschosses, das bei Nacht mitten auf einer Tokioter Kreuzung steht. Zehn Seiten ist die Bildstrecke lang, sie zeigt den schnittigen Wagen von vorn, von innen, leuchtend von der Seite, ein ums andere Mal sind nur noch die Rücklichter zu sehen, sie ziehen rotglühende Geschwindigkeitsstreifen hinter sich her.

Viel mehr Text gibt es nicht, die Marke wird weder erwähnt, noch erkennt man das Symbol auf Kühlerhaube und Lenkrad. Ein Detail, so die großzügige Geste – wer die grünstichigen Fotos goutiert, der erkennt den pfeilschnellen neuen Lamborghini allein an der Form.

Das Magazin, das sich diesen Luxus leistet, hat schwarzgelbe Rallye-Streifen am Heftrücken und heißt „Ramp“. Sitz des Verlags ist Reutlingen, wo der schwäbische Geldadel wohnt. Und auch ansonsten ist Ramp der reinste Luxus: Das monothematische Heft ist jetzt zum zweiten Mal erschienen, „In the Heat of the Night“ ist mit 300 Seiten noch dicker als die erste Ausgabe, es kostet 15 Euro, aufwändige Drucktechnik versah das eine Cover mit asphaltrauem Straßenbelag, die aktuelle Ausgabe leuchtet im Dunkeln. „Viele sagen: Ihr seid noch viel zu billig“, erklärt Chefredakteur Michael Köckritz. Und: „Wir hätten auch 400 Seiten füllen können.“

Die Macher als authentische Auto-Aficionados: Das ist das Konzept. Mitherausgeber Gläsel, ein Tübinger Geschäftsmann, ist nebenher Rennfahrer, Spezialität historische Fahrzeuge, und braust beim legendären Stuttgarter Solitude-Rennen schon einmal in alten Ferraris mit. Köckritz hat bis 2002 das Lifestyle-Heft „Autofocus“ mit herausgegeben, heute produziert der Mitinhaber einer Reutlinger Agentur Kundenmagazine, vieles für die Luxusbranche. Etwa das ambitionierte Lamborghini-Magazin, für das der 50-Jährige beim Berliner Type-Award 2007 Gold holte, bei der Verleihung der Mercury-Awards Mitte März in New York räumte er gleich vier Mal Gold ab – einen fürs ruhigere „Lambo-Mag“, drei fürs kreative Motorgeheul von „Ramp“; dass es da auch Synergien gibt, liegt auf der Hand. Köckritz sieht das in erster Linie positiv: Es falle eben leichter, Anzeigenkunden zu gewinnen – dass diese Nähe zur Industrie auch schaden könnte, blendet man in Reutlingen lieber aus.

Im Juli 2007, so will es die Legende, morgens um kurz vor acht Uhr vor dem Tübinger Waldorfkindergarten beschlossen die beiden, endlich mal ein Magazin zu machen, „das uns gefällt.“ Autokenner, Magazinprofis, Geschäftsmänner und dicke Freunde: Was sollte da schief gehen. „Andere kaufen sich ein zweites Haus“, sagt Köckritz, „wir haben einen Verlag gegründet und stecken das Geld in Ramp“. Es sei mehr ein Freizeitvergnügen als kalkuliertes Marktinteresse, betont Köckritz. Geplante Erscheinungsweise der 50.000 Hefte sei vierteljährlich, aber wenn es mal drei Wochen später werde, ach, egal.

Das Hobby-Argument ist auch die einzige plausible Erklärung für „Ramp“. Zu unorthodox und wenig zielgruppenkompatibel ist das Ganze. Zu teuer sowieso. Eine „Jam-Session unter Kreativen“, ein „Kunstobjekt“, eine „Ideenwerkstatt“ nennt Köckritz das Heft. Und fürwahr: Die geballte Ladung dieser seltsam undurchdringlichen Heftstruktur macht schwindelig wie die Fahrt im Fond eines Slalomrasers auf der A9. Sei es die Modestrecke in Starenkasten-Stil, Gaby Hauptmanns Porsche-Reportage, Auto-Essays auf Englisch oder die gonzoesken Ego-Trips von „Kurt im Gurt“, Penthouse-Chefredakteur Kurt Molzer.

Die Optik ist so aufwändig wie bei hochwertigen Anzeigen der Luxusindustrie. Unterschiede schwer feststellbar, das birgt Probleme. Die Strecke mit Rolexuhren – unbezahlt, die Doku des Mercedes-Fotoshootings mit Model Eva Padberg – auch unbezahlt, beteuert der Chef. Dafür gibt es im Heftverlauf selbst wenig echte Anzeigen, die helfen würden, sich zu orientieren. Da bringt auch das dramaturgisch eingeführte Drei-Phasen-Rennen des Hefts nichts, à la Vorspiel, Hauptakt, Schluss. Der Aufbau sei eben assoziativ wie eine Unterhaltung während einer Autofahrt, sagt Köckritz. „Im Prinzip machen wir das Heft für Freunde, die ein ähnliches Faible und Freude am Fahren haben wie wir. Und: Na klar ist das alles ein bisschen hedonistisch.“ Die Übergänge zwischen Privatem und Beruflichem sind in der Tat fließend, dass sich die beiden Macher persönlich exponieren gehört dazu. Im aktuellen Heft etwa bestreiten sie mit ihren Söhnen eine lange Fotostrecke über eine Nacht im Mercedes-Benz-Museum.

So unorthodox „Ramp“, so fokussiert auf einen speziellen Markt ist ein anderes neues Automagazin: „Das erste Frauenmagazin für Business, Cars & Lifestyle“, ist der Claim des Ende Februar frisch erschienenen Schweizer Hefts „Ladies Drive“. Powerfrauen, mit Drive eben, „zwischen 26 und 70“ will man als Leserinnen. Um es vorweg zu nehmen: Wäre „Ramp“ ein Auto, wäre es eines, dem man hinterherschaut, eines, bei dem man Angst hätte, dass ihm vor lauter PS die Motorhaube platzt. „Ladies Drive“ ist dagegen eher ein lilafarbener Zweisitzer: Was für die Schweizer Businessfrau, kompakt, gerne teuer, aber langweilig. Wie Köckritz und Gläsel ist auch Sandra Stella Triebl, Herausgeberin und Chefredakteurin, vom Fach. Sie begann 1988 als 16-jährige Schülerin beim Vorläufer von SWF3 als Hörfunkmoderatorin. Später hat sie zehn Jahre lang eine Autosendung fürs Schweizer Fernsehen moderiert. „Ich habe immer nach einem Wirtschaftsmagazin für Frauen gesucht“, sagt Triebl, „das gab es nicht. Und da 70 Prozent der Schweizerinnen berufstätig sind und Mobilität bei uns eine große Rolle spielt, lag es auf der Hand, diese Nische mit einem Magazin zu besetzen.“ Schwerpunkt ist zwar die Schweiz, aber den deutschsprachigen Raum hat man in Walzenhausen am Bodensee im Blick, freie Redakteure aus Österreich und Berlin gehören dazu, 200 Abonnenten gibt es angeblich bereits in Deutschland. Für die weibliche Leserschaft wurde das Heft zur checklistenfreien Zone erklärt, mit Autotests, bei denen Haptik wichtiger ist als Technik, Fotostrecken über autotaugliche Mode und Interviews, in denen etwa Seat-Chef Luc Donckerwolke das Frauendesign seiner Marke erklärt.

Feminin soll „Ladies Drive“ sein, das zeigt schon der verschnörkelte Titel. Nach der Hälfte des Heftes wünscht man sich, es gäbe mehr davon – dann hätte das Layout wenigstens ein wenig mehr Profil als ein Sparkassenheft. An kreativem Potenzial kommen die Schweizer Autoheftmacher nicht an die aus der deutschen Provinz ran. An deren finanzielle Ausstattung erst recht nicht, da macht sich Triebl nichts vor. Bei der Auslieferung ihrer Hefte hilft die Chefin hier teils selbst.